Kirchengeschichte
Kirchengeschichte
Die Marienkirche wurde im 13. Jahrhundert erbaut. Ein Teil des faszinierenden Sandsteinschmuckes wurde bei der Verkleinerung 1829 - 31 gerettet und kann jetzt im Turmmuseum besichtigt werden.
Die Kirche ist verlässlich geöffnet.
In den Sommermonaten (April - September) werden Sie täglich außer montags von 14 - 17 Uhr von einer
freundlichen Aufsichtsperson in der Kirche willkommen geheißen!
Die Marienkirche wurde im 13. Jahrhundert erbaut. Ein Teil des faszinierenden Sandsteinschmuckes wurde bei der Verkleinerung 1829 - 31 gerettet und kann jetzt im Turmmuseum besichtigt werden.
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Der Turm ist in den Sommermonaten von 11 - 13 (Dienstag bis Sonnabend) und 14 - 17 Uhr (Dienstag bis Sonntag) geöffnet.
Aus 32 Metern Höhe bietet er einen herrlichen Überblick über Ostfriesland und einen Einblick in die
Geschichte der Kirche.
Der Turm verdankt seinen Namen dem Seeräuber Klaus Störtebeker, der am Ende des
14. Jahrhunderts in seinen Mauern gehaust haben soll.
Aus der Baugeschichte der Kirche
Schon von ferne einladend und den Ort überragend beeindruckt die Kirche mit ihrem wuchtigen Turm und dem breiten massigen Kirchenschiff. Aus der Nähe ist nicht zu übersehen, dass der Bau in der Vergangenheit wesentliche Veränderungen erfahren haben muss.
Die Seitenwände sind im Gegensatz zum Turm und der Ostseite nicht durchgegliedert, sie zeigen deutliche Spuren von Abbruch und Ausbesserung. Die Fenster sind klein und unproportional hoch angebracht. Der Zugang erfolgt nicht durch das große Portal im Turm, sondern durch eine kleine Tür an der Südseite.
Wer den heutigen Zustand verstehen will, muss sich mit der Baugeschichte vertraut machen, denn 1829/1831 wurde die Kirche wesentlich verkleinert.
Die bekannten Quellen enthalten keine Nachrichten über den Baubeginn und die Fertigstellung der Kirche. Der Baubeginn der östlichen Teile, die gewöhnlich zuerst errichtet wurden, wird zwischen 1210 und 1240 für möglich gehalten, die Fertigstellung ab 1260 bis 1280. Zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung, am 16. Februar 1250, waren sicher wesentliche Teile weitgehend fertiggestellt. Festzuhalten bleibt, dass die Marienkirche im Laufe des 13. Jahrhunderts erbaut worden ist.
Die „alte“ Kirche ist von mehreren Abbildungen aus dem 1. Drittel des 19. Jahrhunderts bekannt. Sie bestand aus einem dreijochigen Langhaus mit angegliederten schmalen Seitenschiffen, einem ebenfalls dreijochigen Querhaus und einem einjochigen Chor. Nach Osten schlossen flache Apsiden den Bau ab. An den sechsgeschossigen Turm schmiegten sich kleine Seitentürmchen. Nur durch sie gelangte man von den Seitenschiffen in die oberen Stockwerke des Turms. Die Kirche selbst hatte fünf Zugänge. An der Westseite führte das Hauptportal unter einem Kreuzgewölbe in der Mauer in die hohe Turmhalle und in die Kirche. Je zwei Zugänge lagen an den Querschiffen und an den Seitenschiffen nahe dem Turm.
Der Grundriss des ganzen Bauwerks kam in der Größe dem Osnabrücker Dom nahe. Das Bauwerk hatte eine Länge von 72,5 m (jetzt gut 47 m). Davon nahmen der Turm 12 m, das Hauptschiff 34 m, das Querhaus 12,5 m und der Chor 14 m ein. Der Turm war 14 m breit, das Hauptschiff 23 m, wovon auf die Seitenschiffe je 4,7 m entfielen, das Querhaus 32,5 m und der Chor 12 m. Die Seitenschiffsmauern waren so hoch wie das unterste Turmgeschoss. Die Mauern des Mittelschiffes überragten das Dach der Seitenschiffe und reichten bis an das Ende des zweiten Turmgeschosses. Der Ansatz des Dachfirsts ist noch heute im unteren Teil des vierten Geschosses zu erkennen.
Die Dimensionen der Kirche gingen weit über die Ansprüche einer gewöhnlichen Pfarrkirche hinaus. Wer waren die Auftraggeber, woher kamen die Mittel für ein derartig großzügiges Projekt, und welchen Zweck sollte die Kreuzbasilika erfüllen?
Das Brookmerland hat im 13. Jahrhundert nachweislich einen weitreichenden Handel mit landwirtschaftlichen Produkten betrieben. Die zunehmend wohlhabende bäuerliche Bevölkerung in ihren politisch autonomen Landesgemeinden kann den Bau der Kirche veranlasst haben. Möglich ist auch, dass die Basilika ein Zeichen des mächtigen Einflusses der Bischöfe war, die als Landesherren fungierten. Weiter wird die Ansicht vertreten, dass der damals in Ostfriesland ansässige Prämonstratenserorden für den Bau der Kreuzbasilika verantwortlich gewesen sei. Auszuschließen ist auch nicht, dass die Kirche einer Marienwallfahrt diente. Dagegen wird allerdings geltend gemacht, dass erst seit 1462, als Papst Pius II. Ablässe für den Besuch der Marienkirche bewilligte, Wallfahrten hierher stattgefunden haben können.
Ein wichtiges Datum in der Baugeschichte ist das Jahr 1387. Die Kirche lag brandzerstört darnieder. Zur gleichen Zeit hatten verheerende Sturmfluten die Leybucht bis Norden, Osteel, Marienhafe und Canhusen erweitert. Dabei war das nordwestlich von Marienhafe gelegene Westeel von seinen Einwohnern aufgegeben worden. Die Westeeler Kirchvögte baten nun um die Erlaubnis, das Baumaterial ihrer Kirche der Marienhafer Kirche zum Wiederaufbau schenken zu dürfen. Der Münsteraner Bischof, in dessen Bereich beide Gemeinden lagen, muss der Schenkung zugestimmt haben. Ubbo Emmius (um 1600) berichtet im Zusammenhang mit Gerüchten über den Aufenthalt der Seeräuber in Marienhafe um 1400: „Hier hätten sie [die Seeräuber] von ihrer Beute jene sehenswerte Kirche noch viel prächtiger ausgestattet, als sie schon früher war, den Turm erhöht und die Mauer mit den Toren, die ihnen als Festung dienten, ausgebaut.“ „Prächtiger ausgestattet“ klingt nach mehr als nur einer Wiederherstellung, nämlich nach umfangreicherer Ausführung, vielleicht auch nach Vergrößerung. So fand der Emder Stadtbaumeister H. M. Martens bei seinen Beobachtungen während des Teilabrisses Hinweise darauf, dass die Seitenschiffe erst beim Wiederaufbau nach einem Brand angefügt wurden. Seine Deutung hat sich nicht durchgesetzt, wird aber durchaus noch vertreten.
Was für die Anfänge der Kirche gilt, gilt auch für die Zeit um 1400. Alle Erklärungs- und Deutungsversuche reichen nicht aus, um den wahren Grund für den Bau und seine Zweckbestimmung zu ermitteln, solange die Archäologie in diesem Bereich nicht fündig wird und keine weiteren schriftlichen Quellen zu etwaigen Rückschlüssen führen.
1460 wurde der Turm erhöht. Ob es sich dabei nur um eine neue Spitze handelte, ist nicht bekannt. Die aus den alten Abbildungen bekannte Turmspitze stammt aus dem Jahr 1698/99.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte die Gemeinde den Kirchbau nicht mehr angemessen unterhalten. Der bauliche Zustand verschlechterte sich zusehends. Einer Begutachtung durch die Behörde folgten keine wirksamen Maßnahmen, so dass am 21. August 1819 das lang Befürchtete geschah, Altarapsis und Teile des Ostgiebels und des Chorgewölbes stürzten ein. Im folgenden Jahr beschädigte nach einem Blitzeinschlag ein Brand den Turm. Daraufhin wurden die gesamte Spitze sowie ein Teil des obersten Geschosses abgebrochen.
Nach zehn Jahre andauernden Gesprächen und Verhandlungen setzte sich bei der Mehrheit der Gemeindeglieder die Ansicht durch, die Kirche zu verkleinern. Die Entscheidung für den Teilabriss und somit für die Verkleinerung fiel, nachdem der Bauunternehmer Fimmen aus Carolinensiel während einer Gemeindeversammlung das Angebot unterbreitet hatte, den Umbau gegen Überlassung des anfallenden Baumaterials kostenlos auszuführen. Daraufhin begannen im Juni 1829 die Arbeiten an der Kirche, die zwei Jahre dauerten.
Der Chor, das Querschiff nebst Vierung, die schmalen Seitenschiffe und die Treppentürmchen neben dem Turm wurden abgebrochen. Im Hauptschiff wurden außerdem die steinernen Gewölbe entfernt und die Seitenwände bis in die Höhe der Seitenschiffdächer gekürzt. Von den sichtbaren Außenwänden der Kirche blieb somit nichts erhalten.
Die offen stehenden Felder zwischen den Pfeilern und Säulen des Hauptschiffs wurden zugemauert. In den Bögen entstanden die neuen Fenster. Die neue Ostwand erhielt zwei große spitzbogige Fenster und in einem Rundbogen dazwischen einen neuen Eingang. Die Mauern der Kirche wurden sämtlich verputzt. Der Boden in der Turmhalle und dem Kirchenschiff wurde mit Bauschutt um rund 1,5 m erhöht. Anstelle des Gewölbes wurde eine muldenförmige Holzdecke eingezogen. Die Orgel, die vorher auf einer Trennmauer (Lettner) zwischen der Vierung und dem Chor gestanden hatte, wurde auf eine Empore im Westen verlegt und darunter ein einfacher Altar aufgestellt. Im Osten wurde über dem Eingang eine zweite Empore eingezogen. Am 30. Oktober 1831 wurde das umgestaltete Gotteshaus eingeweiht.
Anschließend, bis 1834, ging man an die Reparatur des Turms. Aus optischen Gründen, Verhältnis Turmhöhe zur Länge des Kirchenschiffs, reduzierte man die Zahl der Stockwerke von sechs auf vier (ehemalige Höhe des Turms ca. 70 m, jetzt 37 m).
Bei der Restaurierung von 1964 wurde der Altar nach Osten zurückverlegt, Fenster und Tür im Osten zugemauert und der Boden des Kirchenschiffs auf seine ursprüngliche Tiefe zurückgebracht. Die Außenwand war schon 1956 vom hellen Putz befreit worden, so dass das Backsteinmauerwerk sichtbar wurde. Bei der Restaurierung von 1981 wurde auch das Mauerwerk im Inneren freigelegt.
Architektur
Die ursprüngliche architektonische Gestaltung ist nur noch an wenigen Stellen sichtbar. Im Kirchenschiff sind Reste der vielfach gegliederten Pfeiler und die eingemauerten Rundsäulen mit den Blattkapitellen vorhanden, über letzteren hochrechteckige flache Nischen (Blendtriforien). Die Gestaltung des südöstlichen Pfeilers weicht von den übrigen leicht ab, u. a. durch einen runden Pfeilerteil (Dienst) und Kapitelle aus dunklem (Weser-) Sandstein. Sie weisen auf Veränderungen an einem älteren Bau hin.
Erhalten geblieben ist die Fassadengestaltung am Turm. Jedes Geschoss ist klar durchgegliedert. Schmale Mauerstreifen (Lisenen) springen vor, die zurückliegenden Mauerflächen enden unter reichen spätromanischen Rundbogenblenden, im zweiten Geschoss unter abwechselnden Rund- und Spitzbögen. Teilweise sind Fensterblenden eingearbeitet.
Besondere Beachtung verdient das Westportal. Es ist als spitzbogiges domikales Kreuzgewölbe in die hier drei Meter starke Turmwand eingelassen. Die Rippen sind in Sandstein ausgeführt, die Figuren und Verzierungen aber stark verwittert. Möglicherweise waren in den Kreuzrippen die Evangelisten und im runden Schlussstein das Lamm als Symbol für Christus zu sehen.
Die sich anschließende Turmhalle hat ein eindrucksvoll hohes Gewölbe. Seine Rippen sind rechteckig, die Gurtbögen rund ausgebildet. Das Buntglasfenster in der Eingangstür, 2011 von Katja Ploetz geschaffen, lehnt sich wie die Christusfigur über dem Altar an einen Text aus der Offenbarung des Johannes an, die Entdeckung des Throns im Himmel. Die Gestaltung lädt bewusst zu eigenen Deutungen ein.
Die Kirche zeichnete ein ungewöhnlich reicher figürlicher Schmuck aus. 48 Figuren standen in den Nischen an Querhaus und Chor. Zwei Bilderfriese mit über 200 Steinen umgaben die Kirche, einer unter den Traufen der Seitenschiffe, der andere direkt unter der Trauflinie von Langhaus, Querhaus und Chor.
Bei den Figuren ist ein Gestaltungsprogramm durchaus zu erkennen, beispielsweise am Nordgiebel des Querschiffarms. Maria mit Kind war umgeben von den Heiligen Drei Königen und einem Soldaten des bethlehemitischen Kindermords, außen von zwei Rittern flankiert. Die Themen der Friessteine waren Tugenden und Laster, Jagd- und Ritterszenen, sowie dämonische Schreckgestalten, Fabelwesen und Tiere bei menschlichen Tätigkeiten, dazu kamen ornamentale Darstellungen. Beim Fries ist ein durchgehendes Programm nicht oder nicht mehr zu erkennen. Das liegt zum Teil daran, dass der Emder Stadtbaumeister Martin Heinrich Martens, der während des Abbruchs das Vorhandene skizzierte und damit als Einziger zuverlässig dokumentierte, manchen Stein schon abgenommen vorfand. Nicht auszuschließen ist, dass beim Wiederaufbau nach 1387 eigene Steine mit Steinen von Westeel vermischt wurden. Eine sinnvolle Rekonstruktion der ursprünglichen Reihenfolge der Friessteine und eine Interpretation fertigte Johann Gerhard Schomerus an. Sie ist im Museum dargestellt.
Für die üppige Ausstattung mit Bauplastik, die die Fassade der Marienkirche überzog, gibt es im 13. Jahrhundert keine Parallelen, und es finden sich nur wenige Beispiele für Skulpturen am Außenbau, die weder einer Westfassade noch einer Portalzone zuzuordnen sind. An der Kirche Notre-Dame in Reims umringen Engelfiguren die gesamte Kathedrale. In der deutschen romanischen Architektur kommt, was die Friese betrifft, die Stiftskirche in Quedlinburg in Frage. Die Gestaltung der Marienhafer Figuren deutet aber auf Einflüsse aus Westfalen / Frankreich hin.
Beim Teilabbruch der Kirche wurde der ganze Schmuck verkauft, entwendet oder zweckentfremdet. Ab etwa 1880 bemühte man sich, die Steine wieder zu sammeln.
Museum im Turm
Das Turmmuseum im zweiten Geschoss ist wohl früher eine Patronatsloge gewesen, was der große Rundbogen an seiner Ostseite nahelegt. Er wurde aber schon vor der Reformation zugemauert. Von Alters her ist der Raum als Störtebekerkammer bekannt. Ob die Seeräuber hier gehaust haben oder die Räumlichkeit als Hortplatz für ihre Beute genutzt haben, ist unbekannt. 1904 wurde das 1820 eingestürzte Gewölbe über der Kammer wieder hergestellt und der hölzerne Treppenturm gebaut, 1932 das Museum unter besonderer Hilfe von Johann Gerhard Schomerus eingerichtet und eröffnet. Ausgestellt sind Fragmente des Figurenschmucks, Informationen zur Geschichte der Kirche und die auf Martens basierenden Zeichnungen von Schomerus. Die beiden besterhaltenen Figuren stehen im Altarraum der Kirche.
Im darüberliegenden Geschoss informieren drei große Tafeln über die Zeit der Seeräuber im 14./15. Jahrhundert, Von 1396 - 1401 waren sie auch in Marienhafe, darunter wahrscheinlich auch Störtebeker.
Die Kanzel
Die Kanzel aus dem Jahr 1669 ist wahrscheinlich in der Werkstatt des Ostfriesen Jacob Cröpelin hergestellt worden. Der Standort rechts, vom Altar aus gesehen, ist selten.
Auf dem sechseckigen Schalldeckel thront auf der Weltkugel Christus als Pantokrator. Auf den Ecken halten Engel die Wacht. An den Seiten des ebenfalls sechseckigen Kanzelkorbs sind die vier Evangelisten mit ihren Attributen und Namen zu sehen. Geschnitztes Rankenwerk und gewundene Säulen schmücken die Kanzel weiter aus. So wie am Schalldeckel sechs Streben zur krönenden Christusfigur zusammenführen, so enden unter der Kanzel sechs weitere in einer großen Traube.
Die farbliche Fassung der Kanzel ist überwiegend braun in mehreren Abstufungen. Davon weichen das Blau und Grün der Traube ab, das Weiß der Taube in einem blauen Himmel über dem Predigerplatz und das Gold der Inschriften.
Am Schalldeckelrand und an der Brüstung umgeben Verse aus dem Neuen Testament (Hebräer 4, 12 und Römer 1, 16.17) die Predigerstelle. Am Kanzelfuß informiert die Inschrift über die Pastoren, die Kirchverwalter und die Stifter im Erbauungsjahr.
Der Altar
1819 war ein sehr schöner Schriftaltar beim Einsturz des Chores zerstört worden. Seitdem begnügte sich die Gemeinde mit einem einfachen Altar. Bei der Restaurierung von 1964 erwarb man ein Werk des Bildhauers Erich Brüggemann. Über dem Altar, einem großen Steintisch, schwebte von der Kirchendecke herabhängend ein Kreuz mit dem Korpus Christi, und darüber der Thron Gottes mit den vier Tieren der Offenbarung (4, 1-8). Vielleicht war dieses Werk der Gemeinde zu modern. Bei der Instandsetzung in den 80er Jahren wurde der Thron entfernt. Der Christus blieb und ist jetzt im Bogen des alten Kircheingangs als Altarbild angebracht.
Die Figuren
An der Südseite des Altarraums stehen zwei Figuren von der alten Kirche auf neueren Konsolen. Christus ist erkenntlich an der dem Betrachter zugewandten segnenden rechten Hand. Maria dagegen hält die rechte Hand zu sich gewandt. Hier ist an die Verkündigung der Geburt Jesu zu denken. Maria antwortet dem Engel: „Mir geschehe, wie du gesagt hast.“
Der Taufstein
Die Taufe aus Sandstein zählt zu den Bentheimer Taufsteinen, die zwischen 1180 und 1270 von ihren Herstellungsorten auf dem Wasserweg nach Ostfriesland gebracht wurden.
Der Taufstein ist reich mit Darstellungen geschmückt, auf der Grundplatte vier Löwen, am Taufstein selbst Ornamentbänder mit stilisierten Ranken, Blattwerk, Trauben und sich fächerförmig ausbreitenden Pflanzen und Palmetten, begrenzt von Tauringen als Schnüren oder Ährenband. Das Taufbecken von rd. 80 cm Durchmesser ist mit Blei ausgekleidet, in das zehn Reihen wellenförmiger Linien graviert sind.
Die Darstellungen hatten in ihrer Entstehungszeit durchweg symbolische Bedeutungen. Die Löwen können als Sinnbild der bösen Mächte verstanden werden. Durch die Taufe bezwungen, müssen sie nun den guten Mächten dienen. Die Palmetten sind ein Motiv des Lebens, die Trauben weisen auf das Abendmahl und damit auf die Erlösung hin, und die Wellen im Taufbecken stehen für das Auf und Ab im menschlichen Leben.
2001 erhielt das Becken einen kreuzförmigen Holzeinsatz und eine gegossene flache Glasschale als Ersatz für eine hölzerne Platte mit einer älteren Taufschale. Natürlich wurde schon seit Jahrhunderten nicht mehr im über 100 Liter fassenden großen Becken getauft. Die neue Schale gibt den Blick auf das Becken frei und verbindet so Gegenwart und Vergangenheit.
Das Abendmahlsgerät
Von den älteren Abendmahlsgeräten der Gemeinde sind einige besonders hervorzuheben: Ein silbervergoldeter 22 cm hoher und 13 cm breiter Kelch von schlichter Form trägt im Boden den Hinweis auf seine Herkunft. Die Schwestern Graf Ennos, Sophia und Maria, schenkten 1611 den Kelch der Marienkirche. Die Kanne für den Abendmahlswein, ohne Beschau- und Meisterzeichen, ist im Rokokostil ausgeführt und reichhaltig mit Rocaillen verziert.
Nicht mehr in Gebrauch ist eine zinnerne sechseckige Weinflasche von 1781. Sie ist einschließlich eines feststehenden Henkels 40 cm hoch. Der Durchmesser beträgt 18 cm. Eine Seite ist mit einem Vers aus dem Matthäusevangelium beschriftet: „Kommet her zv / mir alle die ihr / mvhselig vnd / beladen seid / ich wil evch / erqvicken“. Dazu trägt sie noch Verzierungen in Form von Blattwerk und einer Krone. Früher soll noch ein zinnernes Saugröhrchen dazu gehört haben, „ein später Beweis für die im Mittelalter übliche und jetzt noch vom Papst verwendete Spendungsform des Weins beim Abendmahl, die ein Verschütten des heiligen Inhalts des Kelchs verhüten sollte.“
Die Orgel
Die Orgel gehört zu den besonderen Kleinodien der reichen ostfriesischen Orgellandschaft und ist ein Instrument von europäischer Bedeutung. Sie wurde zwischen 1710 und 1713 von Gerhard von Holy (1677-1736) in Esens gebaut. Das Hauptwerk hat zwölf, das Rückpositiv acht Register, das Pedal ist mit dem Hauptwerk gekoppelt. Den Orgelprospekt zieren Engelfiguren, in der Mitte König David. Das reichhaltige Schnitzwerk fertigte Johann Wilhelm, Bildschneider zu Emden.
Zweimal geriet die Orgel in große Gefahr. 1819 stürzte dicht neben ihr das Chorgewölbe ein, allerdings ohne sie zu beschädigen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsprach sie überhaupt nicht dem Klangideal der damaligen Zeit mit warmen, sanften Tönen und die kirchliche Würde verleihenden tiefen Bässen. Glücklicherweise wurde keine grundlegende Reparatur oder ein Neubau durchgeführt. Im Zuge der Orgelbewegung erkannte man 1928 das Instrument als eins der wichtigsten Orgeldenkmäler Ostfrieslands. 1952 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. 1966 und 1969 setzte die Firma Ahrend und Brunzema aus Leer-Loga die Orgel gründlich instand. Dabei mussten nur zwei Pfeifenreihen (Trompete und der Bass Quintadena) rekonstruiert werden, alle anderen Register wurden und werden original weiter verwendet. 1987/88 erhielt sie ihre historische Stimmung mit besonders reinen Klängen in den gebräuchlichen Tonarten zurück. Die Renovierung von 2010 beseitigte Schäden am hölzernen Gehäuse; außerdem mussten rd. 150 Pfeifen repariert werden, die von Bleifraß befallen waren.
Die Orgel ist die am vollständigsten erhaltene Barockorgel der Region. Sie hat einen frischen, farbigen Klang und dazu besonders liebliche Flötenstimmen, die schon weit in das 18. Jahrhundert hineinweisen.
Die Kronleuchter
Im Kirchenschiff hängen vier Kronleuchter. Zwei jüngere, in der Nähe des Eingangs, stammen aus dem Jahr 1953. Die Gravur auf der Kugel des 15armigen Leuchters lautet: „Jesus Christus spricht: ,Ich bin das Licht der Welt.’ Pfingsten 1953-“. „Frieden 1953“ ist die Inschrift auf dem 10 armigen Leuchter.
Die beiden mit Kerzen bestückten Leuchter sind wesentlich älter. Der schlanke in die Höhe strebende Leuchter trägt in zwei Ebenen je sechs Lichtarme. Sie haben annähernd die Form eines liegenden „S“. Ihre Mitte bilden kleine kugelförmige Gusskörper, von denen, symmetrisch angeordnet, stilisierte Blumenkelche wegstreben. Ein weiterer Dekor sind die kleinen fünfblättrigen Blüten, die durch Spangen mit dem Leuchterschaft und den Lichtarmen verbunden sind. Ein doppelköpfiger Adler mit kleinen Krönchen schließt den Leuchter nach oben ab. Dieser Leuchter wird in einer Kirchenbeschreibung von 1725 erwähnt. Aus den Merkmalen hinsichtlich Armgestalt und Blütendekor kann er dem Renaissancestil zugeordnet werden. Damit ist er älter als der folgende Leuchter.
Dieser Leuchter geht mehr in die Breite. Er trägt in zwei Reihen 16 Lichtarme, die ungefähr die Form eines stehenden „S“ haben. Die Arme ziehen sich so in die Tiefe, dass die Kerzenhalter sie nicht überragen. Der Leuchter hat wesentlich mehr Zierelemente. Bärtige Männerköpfe mit Stirnbändern, aus denen Akanthusblätter herauswachsen, tragen die Arme. Die Mitte bilden Kelche, aus denen Schlangenköpfe herauswachsen. Die merkwürdigsten Figuren bilden einen besonderen Kranz um den Leuchterschaft: schwebende behelmte Musikanten mit Flügeln und einem geringelten Schwanz mit drei Akanthusblättern auf einer gepunkteten Platte. Diesen Leuchter schließt ein Adler mit wesentlich größeren Krönchen ab. Nach Armgestaltung und Figurenschmuck ist der Leuchter dem Barockstil zuzuordnen.
Laut der Inschrift auf der großen Kugel ist der Leuchter ein Vermächtnis der Familie Agena für ihre 1637 im Alter von 15 Jahren verstorbene Tochter Tjadlef.
Die Glocken
Die Glocke, die im Süden desTurms hängt, hat als einzige von mehreren alten Glocken alle Stürme der Zeiten überdauert. Sie sprang nicht vorzeitig, und sie brauchte in den Weltkriegen nicht abgeliefert zu werden. 2004 wurde sie restauriert, weil sie am Schlagrand zu viel Substanz verloren hatte. Ihre Inschrift lautet, frei übersetzt:
„Zu Gottes, des Höchsten Ehren
auch diese Kirche zu zieren
ist gemeinsam von Upgant,
Marienhafer und Tjücher Hand
als sämtlicher Gemeine Kosten
diese Glocke von neuem gegossen.
Zur Zeit da Ulrich, der zweite genannt,
Graf und Herr war in Ostfriesland.
Im Jahr des wiedergewonnenen Heils 1633“
Auf eine bildliche Darstellung ist besonders hinzuweisen: In einem Zierkreuz steht Maria umgeben von einem Strahlenkranz auf der Mondsichel.
Die beiden anderen Glocken sind jüngeren Datums. 1955 stiftete ein ehemaliger Marienhafer Bürger die Uhrglocke. Sie ist im Ostteil des Turms untergebracht und wird über das Uhrwerk mit einem Hammer angeschlagen, kann aber auch schwingend mit einem Klöppel geläutet werden. Die dritte Glocke vervollständigt seit 1960 das Geläut. Ihre Anschaffung wurde aus Spenden von Gemeindegliedern ermöglicht. Die Inschriften beziehen Psalmworte (103, 8) und Worte aus dem Lukasevangelium (2, 14) ein.
Das Geläut ist auf die Töne c’, es’ und c’’ abgestimmt.
Die Turmuhren
Das eindrucksvolle Uhrwerk, das im Kirchenmuseum steht, ersetzte 1913 eine ältere Uhr mit nur einem Zifferblatt. Diese ältere Uhr kam 1834 mit der Uhrglocke von 1619 („Deme ick de leste Ühr do schlagen - Ach Gott, redde den uit alle Plagen!“) aus dem separaten Glockenturm in den Kirchturm. Viellecht war es das gleiche Uhrwerk, das der Küster bereits 1560 zu versorgen hatte. Heute werden die Zeitanzeige und der Glockenschlag durch ein kleines elektronisches Werk geregelt.
Friedhof
Marienhafe ist eine der wenigen Gemeinden mit einem mitten im Ort liegenden Friedhof, der noch genutzt wird. Jeder Ortsansässige, der durch Marienhafe geht, erinnert sich an Angehörige und Bekannte, jeder Fremde wird daran erinnert, dass zum Leben auch das Sterben gehört.
Gedenksteine in der Turmhalle, Stifterfigur, Vorgängerkirchen.
Zunächst sind zwei große Sarkophagdeckel zu nennen. Auf dem rötlichen Stein sind keine Muster mehr zu erkennen. Der gelbliche Stein zeigt an der Basis einen mit zwei Spiralen ausgefüllten Halbkreis. Auf diesem stehen ein Keulenkreuz und links und rechts davon zwei Spiral- oder Krummstäbe. Der Halbkreis deutet den Paradiesstromberg oder Berg von Golgatha an. Die Spiralen und Krummstäbe sind Zeichen des Lebens. Aus den Motiven lassen sich keine Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Stellung der Bestatteten ziehen. Verzierungen und Darstellungen wurden in den Herkunftsländern entwickelt und hergestellt, und die Sarkophage kamen per Schiff als Fertigprodukte nach Ostfriesland. Das große Buntsandsteingebiet des Odenwalds um Miltenberg am Main ist als ein Produktionsgebiet für die roten Sarkophage nachzuweisen. Die gelben Steine stammen aus der Gegend von Bentheim und Gildehaus. Die Entstehungszeit für die Sarkophage reicht von der Mitte des 11. bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts.
Da die roten Steine nur bis zur zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hierher kamen, kann man das Vorhandensein von Vorgängerkirchen annehmen. Unter dem Fußboden der Kirche wurden Reste eines Lehmfußbodens gefunden, und an der höchsten Stelle des Friedhofs entdeckte man Reste von Holzbauten.
Weiter stehen in der Turmhalle drei Grabplatten aus Blaustein. Der jüngste aus dem Jahr 1671 nennt den Sielrichter Abbo Poppinga, dessen Name auch als Kirchverwalter an der Kanzel festgehalten ist. Der nächst ältere erinnert an den 1644 verstorbenen „jungen Gesellen“ David Fabricius. Er war ein Enkel des gleichnamigen bekannten Osteeler Pastoren und Astronom. Auf dem großen Doppelstein wird das Ehepaar Hane-von Zarenhusen gewürdigt, welches im September 1617 an der Pest verstarb. Die Inschrift ist kaum noch leserlich. Er ist von vielen Kirchenbesuchern „abgetreten“, da er lange Zeit in der Kirche gelegen hat. Erst um 1820 wurde das Verbot der Bestattung in der Kirche durchgesetzt, und bei der Verkleinerung der Kirche wurden alle Grabplatten entfernt. Auf dem anrührendsten Grabstein ist mit einfachen Worten in den Sandstein graviert: „Anno 1617, den 28. August ist Arent W und Johan W und Willem Willems christlich im Herren entschlafen.“ Man darf annehmen, dass sie, wie drei Wochen später das Ehepaar Hane, auch der Pest zum Opfer fielen.
Schließlich ist noch die Stifterfigur zu nennen. Jahrhundertelang stand sie an der Nordwand der Turmeingangshalle. Jetzt ist ihr Platz wettergeschützt links vom Durchgang zum Kirchenschiff. Die xx cm hohe weibliche Figur hält, mit der rechten Hand umfassend, das Modell des Kirchturms mit Rhombendach im linken Arm. Ihr Kopf fehlt (Ikonoklasie?) und es ist nicht bekannt, wen sie darstellt.
Aus 32 Metern Höhe bietet er einen herrlichen Überblick über Ostfriesland und einen Einblick in die
Geschichte der Kirche.
Der Turm verdankt seinen Namen dem Seeräuber Klaus Störtebeker, der am Ende des
14. Jahrhunderts in seinen Mauern gehaust haben soll.
Aus der Baugeschichte der Kirche
Schon von ferne einladend und den Ort überragend beeindruckt die Kirche mit ihrem wuchtigen Turm und dem breiten massigen Kirchenschiff. Aus der Nähe ist nicht zu übersehen, dass der Bau in der Vergangenheit wesentliche Veränderungen erfahren haben muss.
Die Seitenwände sind im Gegensatz zum Turm und der Ostseite nicht durchgegliedert, sie zeigen deutliche Spuren von Abbruch und Ausbesserung. Die Fenster sind klein und unproportional hoch angebracht. Der Zugang erfolgt nicht durch das große Portal im Turm, sondern durch eine kleine Tür an der Südseite.
Wer den heutigen Zustand verstehen will, muss sich mit der Baugeschichte vertraut machen, denn 1829/1831 wurde die Kirche wesentlich verkleinert.
Die bekannten Quellen enthalten keine Nachrichten über den Baubeginn und die Fertigstellung der Kirche. Der Baubeginn der östlichen Teile, die gewöhnlich zuerst errichtet wurden, wird zwischen 1210 und 1240 für möglich gehalten, die Fertigstellung ab 1260 bis 1280. Zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung, am 16. Februar 1250, waren sicher wesentliche Teile weitgehend fertiggestellt. Festzuhalten bleibt, dass die Marienkirche im Laufe des 13. Jahrhunderts erbaut worden ist.
Die „alte“ Kirche ist von mehreren Abbildungen aus dem 1. Drittel des 19. Jahrhunderts bekannt. Sie bestand aus einem dreijochigen Langhaus mit angegliederten schmalen Seitenschiffen, einem ebenfalls dreijochigen Querhaus und einem einjochigen Chor. Nach Osten schlossen flache Apsiden den Bau ab. An den sechsgeschossigen Turm schmiegten sich kleine Seitentürmchen. Nur durch sie gelangte man von den Seitenschiffen in die oberen Stockwerke des Turms. Die Kirche selbst hatte fünf Zugänge. An der Westseite führte das Hauptportal unter einem Kreuzgewölbe in der Mauer in die hohe Turmhalle und in die Kirche. Je zwei Zugänge lagen an den Querschiffen und an den Seitenschiffen nahe dem Turm.
Der Grundriss des ganzen Bauwerks kam in der Größe dem Osnabrücker Dom nahe. Das Bauwerk hatte eine Länge von 72,5 m (jetzt gut 47 m). Davon nahmen der Turm 12 m, das Hauptschiff 34 m, das Querhaus 12,5 m und der Chor 14 m ein. Der Turm war 14 m breit, das Hauptschiff 23 m, wovon auf die Seitenschiffe je 4,7 m entfielen, das Querhaus 32,5 m und der Chor 12 m. Die Seitenschiffsmauern waren so hoch wie das unterste Turmgeschoss. Die Mauern des Mittelschiffes überragten das Dach der Seitenschiffe und reichten bis an das Ende des zweiten Turmgeschosses. Der Ansatz des Dachfirsts ist noch heute im unteren Teil des vierten Geschosses zu erkennen.
Die Dimensionen der Kirche gingen weit über die Ansprüche einer gewöhnlichen Pfarrkirche hinaus. Wer waren die Auftraggeber, woher kamen die Mittel für ein derartig großzügiges Projekt, und welchen Zweck sollte die Kreuzbasilika erfüllen?
Das Brookmerland hat im 13. Jahrhundert nachweislich einen weitreichenden Handel mit landwirtschaftlichen Produkten betrieben. Die zunehmend wohlhabende bäuerliche Bevölkerung in ihren politisch autonomen Landesgemeinden kann den Bau der Kirche veranlasst haben. Möglich ist auch, dass die Basilika ein Zeichen des mächtigen Einflusses der Bischöfe war, die als Landesherren fungierten. Weiter wird die Ansicht vertreten, dass der damals in Ostfriesland ansässige Prämonstratenserorden für den Bau der Kreuzbasilika verantwortlich gewesen sei. Auszuschließen ist auch nicht, dass die Kirche einer Marienwallfahrt diente. Dagegen wird allerdings geltend gemacht, dass erst seit 1462, als Papst Pius II. Ablässe für den Besuch der Marienkirche bewilligte, Wallfahrten hierher stattgefunden haben können.
Ein wichtiges Datum in der Baugeschichte ist das Jahr 1387. Die Kirche lag brandzerstört darnieder. Zur gleichen Zeit hatten verheerende Sturmfluten die Leybucht bis Norden, Osteel, Marienhafe und Canhusen erweitert. Dabei war das nordwestlich von Marienhafe gelegene Westeel von seinen Einwohnern aufgegeben worden. Die Westeeler Kirchvögte baten nun um die Erlaubnis, das Baumaterial ihrer Kirche der Marienhafer Kirche zum Wiederaufbau schenken zu dürfen. Der Münsteraner Bischof, in dessen Bereich beide Gemeinden lagen, muss der Schenkung zugestimmt haben. Ubbo Emmius (um 1600) berichtet im Zusammenhang mit Gerüchten über den Aufenthalt der Seeräuber in Marienhafe um 1400: „Hier hätten sie [die Seeräuber] von ihrer Beute jene sehenswerte Kirche noch viel prächtiger ausgestattet, als sie schon früher war, den Turm erhöht und die Mauer mit den Toren, die ihnen als Festung dienten, ausgebaut.“ „Prächtiger ausgestattet“ klingt nach mehr als nur einer Wiederherstellung, nämlich nach umfangreicherer Ausführung, vielleicht auch nach Vergrößerung. So fand der Emder Stadtbaumeister H. M. Martens bei seinen Beobachtungen während des Teilabrisses Hinweise darauf, dass die Seitenschiffe erst beim Wiederaufbau nach einem Brand angefügt wurden. Seine Deutung hat sich nicht durchgesetzt, wird aber durchaus noch vertreten.
Was für die Anfänge der Kirche gilt, gilt auch für die Zeit um 1400. Alle Erklärungs- und Deutungsversuche reichen nicht aus, um den wahren Grund für den Bau und seine Zweckbestimmung zu ermitteln, solange die Archäologie in diesem Bereich nicht fündig wird und keine weiteren schriftlichen Quellen zu etwaigen Rückschlüssen führen.
1460 wurde der Turm erhöht. Ob es sich dabei nur um eine neue Spitze handelte, ist nicht bekannt. Die aus den alten Abbildungen bekannte Turmspitze stammt aus dem Jahr 1698/99.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte die Gemeinde den Kirchbau nicht mehr angemessen unterhalten. Der bauliche Zustand verschlechterte sich zusehends. Einer Begutachtung durch die Behörde folgten keine wirksamen Maßnahmen, so dass am 21. August 1819 das lang Befürchtete geschah, Altarapsis und Teile des Ostgiebels und des Chorgewölbes stürzten ein. Im folgenden Jahr beschädigte nach einem Blitzeinschlag ein Brand den Turm. Daraufhin wurden die gesamte Spitze sowie ein Teil des obersten Geschosses abgebrochen.
Nach zehn Jahre andauernden Gesprächen und Verhandlungen setzte sich bei der Mehrheit der Gemeindeglieder die Ansicht durch, die Kirche zu verkleinern. Die Entscheidung für den Teilabriss und somit für die Verkleinerung fiel, nachdem der Bauunternehmer Fimmen aus Carolinensiel während einer Gemeindeversammlung das Angebot unterbreitet hatte, den Umbau gegen Überlassung des anfallenden Baumaterials kostenlos auszuführen. Daraufhin begannen im Juni 1829 die Arbeiten an der Kirche, die zwei Jahre dauerten.
Der Chor, das Querschiff nebst Vierung, die schmalen Seitenschiffe und die Treppentürmchen neben dem Turm wurden abgebrochen. Im Hauptschiff wurden außerdem die steinernen Gewölbe entfernt und die Seitenwände bis in die Höhe der Seitenschiffdächer gekürzt. Von den sichtbaren Außenwänden der Kirche blieb somit nichts erhalten.
Die offen stehenden Felder zwischen den Pfeilern und Säulen des Hauptschiffs wurden zugemauert. In den Bögen entstanden die neuen Fenster. Die neue Ostwand erhielt zwei große spitzbogige Fenster und in einem Rundbogen dazwischen einen neuen Eingang. Die Mauern der Kirche wurden sämtlich verputzt. Der Boden in der Turmhalle und dem Kirchenschiff wurde mit Bauschutt um rund 1,5 m erhöht. Anstelle des Gewölbes wurde eine muldenförmige Holzdecke eingezogen. Die Orgel, die vorher auf einer Trennmauer (Lettner) zwischen der Vierung und dem Chor gestanden hatte, wurde auf eine Empore im Westen verlegt und darunter ein einfacher Altar aufgestellt. Im Osten wurde über dem Eingang eine zweite Empore eingezogen. Am 30. Oktober 1831 wurde das umgestaltete Gotteshaus eingeweiht.
Anschließend, bis 1834, ging man an die Reparatur des Turms. Aus optischen Gründen, Verhältnis Turmhöhe zur Länge des Kirchenschiffs, reduzierte man die Zahl der Stockwerke von sechs auf vier (ehemalige Höhe des Turms ca. 70 m, jetzt 37 m).
Bei der Restaurierung von 1964 wurde der Altar nach Osten zurückverlegt, Fenster und Tür im Osten zugemauert und der Boden des Kirchenschiffs auf seine ursprüngliche Tiefe zurückgebracht. Die Außenwand war schon 1956 vom hellen Putz befreit worden, so dass das Backsteinmauerwerk sichtbar wurde. Bei der Restaurierung von 1981 wurde auch das Mauerwerk im Inneren freigelegt.
Architektur
Die ursprüngliche architektonische Gestaltung ist nur noch an wenigen Stellen sichtbar. Im Kirchenschiff sind Reste der vielfach gegliederten Pfeiler und die eingemauerten Rundsäulen mit den Blattkapitellen vorhanden, über letzteren hochrechteckige flache Nischen (Blendtriforien). Die Gestaltung des südöstlichen Pfeilers weicht von den übrigen leicht ab, u. a. durch einen runden Pfeilerteil (Dienst) und Kapitelle aus dunklem (Weser-) Sandstein. Sie weisen auf Veränderungen an einem älteren Bau hin.
Erhalten geblieben ist die Fassadengestaltung am Turm. Jedes Geschoss ist klar durchgegliedert. Schmale Mauerstreifen (Lisenen) springen vor, die zurückliegenden Mauerflächen enden unter reichen spätromanischen Rundbogenblenden, im zweiten Geschoss unter abwechselnden Rund- und Spitzbögen. Teilweise sind Fensterblenden eingearbeitet.
Besondere Beachtung verdient das Westportal. Es ist als spitzbogiges domikales Kreuzgewölbe in die hier drei Meter starke Turmwand eingelassen. Die Rippen sind in Sandstein ausgeführt, die Figuren und Verzierungen aber stark verwittert. Möglicherweise waren in den Kreuzrippen die Evangelisten und im runden Schlussstein das Lamm als Symbol für Christus zu sehen.
Die sich anschließende Turmhalle hat ein eindrucksvoll hohes Gewölbe. Seine Rippen sind rechteckig, die Gurtbögen rund ausgebildet. Das Buntglasfenster in der Eingangstür, 2011 von Katja Ploetz geschaffen, lehnt sich wie die Christusfigur über dem Altar an einen Text aus der Offenbarung des Johannes an, die Entdeckung des Throns im Himmel. Die Gestaltung lädt bewusst zu eigenen Deutungen ein.
Die Kirche zeichnete ein ungewöhnlich reicher figürlicher Schmuck aus. 48 Figuren standen in den Nischen an Querhaus und Chor. Zwei Bilderfriese mit über 200 Steinen umgaben die Kirche, einer unter den Traufen der Seitenschiffe, der andere direkt unter der Trauflinie von Langhaus, Querhaus und Chor.
Bei den Figuren ist ein Gestaltungsprogramm durchaus zu erkennen, beispielsweise am Nordgiebel des Querschiffarms. Maria mit Kind war umgeben von den Heiligen Drei Königen und einem Soldaten des bethlehemitischen Kindermords, außen von zwei Rittern flankiert. Die Themen der Friessteine waren Tugenden und Laster, Jagd- und Ritterszenen, sowie dämonische Schreckgestalten, Fabelwesen und Tiere bei menschlichen Tätigkeiten, dazu kamen ornamentale Darstellungen. Beim Fries ist ein durchgehendes Programm nicht oder nicht mehr zu erkennen. Das liegt zum Teil daran, dass der Emder Stadtbaumeister Martin Heinrich Martens, der während des Abbruchs das Vorhandene skizzierte und damit als Einziger zuverlässig dokumentierte, manchen Stein schon abgenommen vorfand. Nicht auszuschließen ist, dass beim Wiederaufbau nach 1387 eigene Steine mit Steinen von Westeel vermischt wurden. Eine sinnvolle Rekonstruktion der ursprünglichen Reihenfolge der Friessteine und eine Interpretation fertigte Johann Gerhard Schomerus an. Sie ist im Museum dargestellt.
Für die üppige Ausstattung mit Bauplastik, die die Fassade der Marienkirche überzog, gibt es im 13. Jahrhundert keine Parallelen, und es finden sich nur wenige Beispiele für Skulpturen am Außenbau, die weder einer Westfassade noch einer Portalzone zuzuordnen sind. An der Kirche Notre-Dame in Reims umringen Engelfiguren die gesamte Kathedrale. In der deutschen romanischen Architektur kommt, was die Friese betrifft, die Stiftskirche in Quedlinburg in Frage. Die Gestaltung der Marienhafer Figuren deutet aber auf Einflüsse aus Westfalen / Frankreich hin.
Beim Teilabbruch der Kirche wurde der ganze Schmuck verkauft, entwendet oder zweckentfremdet. Ab etwa 1880 bemühte man sich, die Steine wieder zu sammeln.
Museum im Turm
Das Turmmuseum im zweiten Geschoss ist wohl früher eine Patronatsloge gewesen, was der große Rundbogen an seiner Ostseite nahelegt. Er wurde aber schon vor der Reformation zugemauert. Von Alters her ist der Raum als Störtebekerkammer bekannt. Ob die Seeräuber hier gehaust haben oder die Räumlichkeit als Hortplatz für ihre Beute genutzt haben, ist unbekannt. 1904 wurde das 1820 eingestürzte Gewölbe über der Kammer wieder hergestellt und der hölzerne Treppenturm gebaut, 1932 das Museum unter besonderer Hilfe von Johann Gerhard Schomerus eingerichtet und eröffnet. Ausgestellt sind Fragmente des Figurenschmucks, Informationen zur Geschichte der Kirche und die auf Martens basierenden Zeichnungen von Schomerus. Die beiden besterhaltenen Figuren stehen im Altarraum der Kirche.
Im darüberliegenden Geschoss informieren drei große Tafeln über die Zeit der Seeräuber im 14./15. Jahrhundert, Von 1396 - 1401 waren sie auch in Marienhafe, darunter wahrscheinlich auch Störtebeker.
Die Kanzel
Die Kanzel aus dem Jahr 1669 ist wahrscheinlich in der Werkstatt des Ostfriesen Jacob Cröpelin hergestellt worden. Der Standort rechts, vom Altar aus gesehen, ist selten.
Auf dem sechseckigen Schalldeckel thront auf der Weltkugel Christus als Pantokrator. Auf den Ecken halten Engel die Wacht. An den Seiten des ebenfalls sechseckigen Kanzelkorbs sind die vier Evangelisten mit ihren Attributen und Namen zu sehen. Geschnitztes Rankenwerk und gewundene Säulen schmücken die Kanzel weiter aus. So wie am Schalldeckel sechs Streben zur krönenden Christusfigur zusammenführen, so enden unter der Kanzel sechs weitere in einer großen Traube.
Die farbliche Fassung der Kanzel ist überwiegend braun in mehreren Abstufungen. Davon weichen das Blau und Grün der Traube ab, das Weiß der Taube in einem blauen Himmel über dem Predigerplatz und das Gold der Inschriften.
Am Schalldeckelrand und an der Brüstung umgeben Verse aus dem Neuen Testament (Hebräer 4, 12 und Römer 1, 16.17) die Predigerstelle. Am Kanzelfuß informiert die Inschrift über die Pastoren, die Kirchverwalter und die Stifter im Erbauungsjahr.
Der Altar
1819 war ein sehr schöner Schriftaltar beim Einsturz des Chores zerstört worden. Seitdem begnügte sich die Gemeinde mit einem einfachen Altar. Bei der Restaurierung von 1964 erwarb man ein Werk des Bildhauers Erich Brüggemann. Über dem Altar, einem großen Steintisch, schwebte von der Kirchendecke herabhängend ein Kreuz mit dem Korpus Christi, und darüber der Thron Gottes mit den vier Tieren der Offenbarung (4, 1-8). Vielleicht war dieses Werk der Gemeinde zu modern. Bei der Instandsetzung in den 80er Jahren wurde der Thron entfernt. Der Christus blieb und ist jetzt im Bogen des alten Kircheingangs als Altarbild angebracht.
Die Figuren
An der Südseite des Altarraums stehen zwei Figuren von der alten Kirche auf neueren Konsolen. Christus ist erkenntlich an der dem Betrachter zugewandten segnenden rechten Hand. Maria dagegen hält die rechte Hand zu sich gewandt. Hier ist an die Verkündigung der Geburt Jesu zu denken. Maria antwortet dem Engel: „Mir geschehe, wie du gesagt hast.“
Der Taufstein
Die Taufe aus Sandstein zählt zu den Bentheimer Taufsteinen, die zwischen 1180 und 1270 von ihren Herstellungsorten auf dem Wasserweg nach Ostfriesland gebracht wurden.
Der Taufstein ist reich mit Darstellungen geschmückt, auf der Grundplatte vier Löwen, am Taufstein selbst Ornamentbänder mit stilisierten Ranken, Blattwerk, Trauben und sich fächerförmig ausbreitenden Pflanzen und Palmetten, begrenzt von Tauringen als Schnüren oder Ährenband. Das Taufbecken von rd. 80 cm Durchmesser ist mit Blei ausgekleidet, in das zehn Reihen wellenförmiger Linien graviert sind.
Die Darstellungen hatten in ihrer Entstehungszeit durchweg symbolische Bedeutungen. Die Löwen können als Sinnbild der bösen Mächte verstanden werden. Durch die Taufe bezwungen, müssen sie nun den guten Mächten dienen. Die Palmetten sind ein Motiv des Lebens, die Trauben weisen auf das Abendmahl und damit auf die Erlösung hin, und die Wellen im Taufbecken stehen für das Auf und Ab im menschlichen Leben.
2001 erhielt das Becken einen kreuzförmigen Holzeinsatz und eine gegossene flache Glasschale als Ersatz für eine hölzerne Platte mit einer älteren Taufschale. Natürlich wurde schon seit Jahrhunderten nicht mehr im über 100 Liter fassenden großen Becken getauft. Die neue Schale gibt den Blick auf das Becken frei und verbindet so Gegenwart und Vergangenheit.
Das Abendmahlsgerät
Von den älteren Abendmahlsgeräten der Gemeinde sind einige besonders hervorzuheben: Ein silbervergoldeter 22 cm hoher und 13 cm breiter Kelch von schlichter Form trägt im Boden den Hinweis auf seine Herkunft. Die Schwestern Graf Ennos, Sophia und Maria, schenkten 1611 den Kelch der Marienkirche. Die Kanne für den Abendmahlswein, ohne Beschau- und Meisterzeichen, ist im Rokokostil ausgeführt und reichhaltig mit Rocaillen verziert.
Nicht mehr in Gebrauch ist eine zinnerne sechseckige Weinflasche von 1781. Sie ist einschließlich eines feststehenden Henkels 40 cm hoch. Der Durchmesser beträgt 18 cm. Eine Seite ist mit einem Vers aus dem Matthäusevangelium beschriftet: „Kommet her zv / mir alle die ihr / mvhselig vnd / beladen seid / ich wil evch / erqvicken“. Dazu trägt sie noch Verzierungen in Form von Blattwerk und einer Krone. Früher soll noch ein zinnernes Saugröhrchen dazu gehört haben, „ein später Beweis für die im Mittelalter übliche und jetzt noch vom Papst verwendete Spendungsform des Weins beim Abendmahl, die ein Verschütten des heiligen Inhalts des Kelchs verhüten sollte.“
Die Orgel
Die Orgel gehört zu den besonderen Kleinodien der reichen ostfriesischen Orgellandschaft und ist ein Instrument von europäischer Bedeutung. Sie wurde zwischen 1710 und 1713 von Gerhard von Holy (1677-1736) in Esens gebaut. Das Hauptwerk hat zwölf, das Rückpositiv acht Register, das Pedal ist mit dem Hauptwerk gekoppelt. Den Orgelprospekt zieren Engelfiguren, in der Mitte König David. Das reichhaltige Schnitzwerk fertigte Johann Wilhelm, Bildschneider zu Emden.
Zweimal geriet die Orgel in große Gefahr. 1819 stürzte dicht neben ihr das Chorgewölbe ein, allerdings ohne sie zu beschädigen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsprach sie überhaupt nicht dem Klangideal der damaligen Zeit mit warmen, sanften Tönen und die kirchliche Würde verleihenden tiefen Bässen. Glücklicherweise wurde keine grundlegende Reparatur oder ein Neubau durchgeführt. Im Zuge der Orgelbewegung erkannte man 1928 das Instrument als eins der wichtigsten Orgeldenkmäler Ostfrieslands. 1952 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. 1966 und 1969 setzte die Firma Ahrend und Brunzema aus Leer-Loga die Orgel gründlich instand. Dabei mussten nur zwei Pfeifenreihen (Trompete und der Bass Quintadena) rekonstruiert werden, alle anderen Register wurden und werden original weiter verwendet. 1987/88 erhielt sie ihre historische Stimmung mit besonders reinen Klängen in den gebräuchlichen Tonarten zurück. Die Renovierung von 2010 beseitigte Schäden am hölzernen Gehäuse; außerdem mussten rd. 150 Pfeifen repariert werden, die von Bleifraß befallen waren.
Die Orgel ist die am vollständigsten erhaltene Barockorgel der Region. Sie hat einen frischen, farbigen Klang und dazu besonders liebliche Flötenstimmen, die schon weit in das 18. Jahrhundert hineinweisen.
Die Kronleuchter
Im Kirchenschiff hängen vier Kronleuchter. Zwei jüngere, in der Nähe des Eingangs, stammen aus dem Jahr 1953. Die Gravur auf der Kugel des 15armigen Leuchters lautet: „Jesus Christus spricht: ,Ich bin das Licht der Welt.’ Pfingsten 1953-“. „Frieden 1953“ ist die Inschrift auf dem 10 armigen Leuchter.
Die beiden mit Kerzen bestückten Leuchter sind wesentlich älter. Der schlanke in die Höhe strebende Leuchter trägt in zwei Ebenen je sechs Lichtarme. Sie haben annähernd die Form eines liegenden „S“. Ihre Mitte bilden kleine kugelförmige Gusskörper, von denen, symmetrisch angeordnet, stilisierte Blumenkelche wegstreben. Ein weiterer Dekor sind die kleinen fünfblättrigen Blüten, die durch Spangen mit dem Leuchterschaft und den Lichtarmen verbunden sind. Ein doppelköpfiger Adler mit kleinen Krönchen schließt den Leuchter nach oben ab. Dieser Leuchter wird in einer Kirchenbeschreibung von 1725 erwähnt. Aus den Merkmalen hinsichtlich Armgestalt und Blütendekor kann er dem Renaissancestil zugeordnet werden. Damit ist er älter als der folgende Leuchter.
Dieser Leuchter geht mehr in die Breite. Er trägt in zwei Reihen 16 Lichtarme, die ungefähr die Form eines stehenden „S“ haben. Die Arme ziehen sich so in die Tiefe, dass die Kerzenhalter sie nicht überragen. Der Leuchter hat wesentlich mehr Zierelemente. Bärtige Männerköpfe mit Stirnbändern, aus denen Akanthusblätter herauswachsen, tragen die Arme. Die Mitte bilden Kelche, aus denen Schlangenköpfe herauswachsen. Die merkwürdigsten Figuren bilden einen besonderen Kranz um den Leuchterschaft: schwebende behelmte Musikanten mit Flügeln und einem geringelten Schwanz mit drei Akanthusblättern auf einer gepunkteten Platte. Diesen Leuchter schließt ein Adler mit wesentlich größeren Krönchen ab. Nach Armgestaltung und Figurenschmuck ist der Leuchter dem Barockstil zuzuordnen.
Laut der Inschrift auf der großen Kugel ist der Leuchter ein Vermächtnis der Familie Agena für ihre 1637 im Alter von 15 Jahren verstorbene Tochter Tjadlef.
Die Glocken
Die Glocke, die im Süden desTurms hängt, hat als einzige von mehreren alten Glocken alle Stürme der Zeiten überdauert. Sie sprang nicht vorzeitig, und sie brauchte in den Weltkriegen nicht abgeliefert zu werden. 2004 wurde sie restauriert, weil sie am Schlagrand zu viel Substanz verloren hatte. Ihre Inschrift lautet, frei übersetzt:
„Zu Gottes, des Höchsten Ehren
auch diese Kirche zu zieren
ist gemeinsam von Upgant,
Marienhafer und Tjücher Hand
als sämtlicher Gemeine Kosten
diese Glocke von neuem gegossen.
Zur Zeit da Ulrich, der zweite genannt,
Graf und Herr war in Ostfriesland.
Im Jahr des wiedergewonnenen Heils 1633“
Auf eine bildliche Darstellung ist besonders hinzuweisen: In einem Zierkreuz steht Maria umgeben von einem Strahlenkranz auf der Mondsichel.
Die beiden anderen Glocken sind jüngeren Datums. 1955 stiftete ein ehemaliger Marienhafer Bürger die Uhrglocke. Sie ist im Ostteil des Turms untergebracht und wird über das Uhrwerk mit einem Hammer angeschlagen, kann aber auch schwingend mit einem Klöppel geläutet werden. Die dritte Glocke vervollständigt seit 1960 das Geläut. Ihre Anschaffung wurde aus Spenden von Gemeindegliedern ermöglicht. Die Inschriften beziehen Psalmworte (103, 8) und Worte aus dem Lukasevangelium (2, 14) ein.
Das Geläut ist auf die Töne c’, es’ und c’’ abgestimmt.
Die Turmuhren
Das eindrucksvolle Uhrwerk, das im Kirchenmuseum steht, ersetzte 1913 eine ältere Uhr mit nur einem Zifferblatt. Diese ältere Uhr kam 1834 mit der Uhrglocke von 1619 („Deme ick de leste Ühr do schlagen - Ach Gott, redde den uit alle Plagen!“) aus dem separaten Glockenturm in den Kirchturm. Viellecht war es das gleiche Uhrwerk, das der Küster bereits 1560 zu versorgen hatte. Heute werden die Zeitanzeige und der Glockenschlag durch ein kleines elektronisches Werk geregelt.
Friedhof
Marienhafe ist eine der wenigen Gemeinden mit einem mitten im Ort liegenden Friedhof, der noch genutzt wird. Jeder Ortsansässige, der durch Marienhafe geht, erinnert sich an Angehörige und Bekannte, jeder Fremde wird daran erinnert, dass zum Leben auch das Sterben gehört.
Gedenksteine in der Turmhalle, Stifterfigur, Vorgängerkirchen.
Zunächst sind zwei große Sarkophagdeckel zu nennen. Auf dem rötlichen Stein sind keine Muster mehr zu erkennen. Der gelbliche Stein zeigt an der Basis einen mit zwei Spiralen ausgefüllten Halbkreis. Auf diesem stehen ein Keulenkreuz und links und rechts davon zwei Spiral- oder Krummstäbe. Der Halbkreis deutet den Paradiesstromberg oder Berg von Golgatha an. Die Spiralen und Krummstäbe sind Zeichen des Lebens. Aus den Motiven lassen sich keine Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Stellung der Bestatteten ziehen. Verzierungen und Darstellungen wurden in den Herkunftsländern entwickelt und hergestellt, und die Sarkophage kamen per Schiff als Fertigprodukte nach Ostfriesland. Das große Buntsandsteingebiet des Odenwalds um Miltenberg am Main ist als ein Produktionsgebiet für die roten Sarkophage nachzuweisen. Die gelben Steine stammen aus der Gegend von Bentheim und Gildehaus. Die Entstehungszeit für die Sarkophage reicht von der Mitte des 11. bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts.
Da die roten Steine nur bis zur zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hierher kamen, kann man das Vorhandensein von Vorgängerkirchen annehmen. Unter dem Fußboden der Kirche wurden Reste eines Lehmfußbodens gefunden, und an der höchsten Stelle des Friedhofs entdeckte man Reste von Holzbauten.
Weiter stehen in der Turmhalle drei Grabplatten aus Blaustein. Der jüngste aus dem Jahr 1671 nennt den Sielrichter Abbo Poppinga, dessen Name auch als Kirchverwalter an der Kanzel festgehalten ist. Der nächst ältere erinnert an den 1644 verstorbenen „jungen Gesellen“ David Fabricius. Er war ein Enkel des gleichnamigen bekannten Osteeler Pastoren und Astronom. Auf dem großen Doppelstein wird das Ehepaar Hane-von Zarenhusen gewürdigt, welches im September 1617 an der Pest verstarb. Die Inschrift ist kaum noch leserlich. Er ist von vielen Kirchenbesuchern „abgetreten“, da er lange Zeit in der Kirche gelegen hat. Erst um 1820 wurde das Verbot der Bestattung in der Kirche durchgesetzt, und bei der Verkleinerung der Kirche wurden alle Grabplatten entfernt. Auf dem anrührendsten Grabstein ist mit einfachen Worten in den Sandstein graviert: „Anno 1617, den 28. August ist Arent W und Johan W und Willem Willems christlich im Herren entschlafen.“ Man darf annehmen, dass sie, wie drei Wochen später das Ehepaar Hane, auch der Pest zum Opfer fielen.
Schließlich ist noch die Stifterfigur zu nennen. Jahrhundertelang stand sie an der Nordwand der Turmeingangshalle. Jetzt ist ihr Platz wettergeschützt links vom Durchgang zum Kirchenschiff. Die xx cm hohe weibliche Figur hält, mit der rechten Hand umfassend, das Modell des Kirchturms mit Rhombendach im linken Arm. Ihr Kopf fehlt (Ikonoklasie?) und es ist nicht bekannt, wen sie darstellt.
Peter Seidel, November 2012, überarbeitet im August 2023